Gesellschafterversammlungen in Zeiten der COVID-19-Krise

Die durch die Covid-19-Pandemie verursachten Disruptionen im Wirtschaftsleben haben bei vielen Unternehmen eine ernste Krisensituation ausgelöst.

Gerät eine GmbH in eine unternehmensgefährdende Krisensituation, hat der Geschäftsführer diese nicht nur ausführlich zu analysieren, sondern er muss auch unverzüglich eine Gesellschafterversammlung einberufen, auf der über die Einleitung geeigneter Gegenmaßnahmen zu beschließen ist.

Die Pflicht des Geschäftsführers zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung im Krisenfall ergibt sich aus § 49 Abs. 2 GmbHG, wonach eine Gesellschafterversammlung einberufen werden muss, wenn dies im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint. § 49 Abs. 3 GmbHG konkretisiert diese Pflicht nochmals den Fall, dass das Reinvermögen der Gesellschaft unter die Hälfte des Stammkapitals abgesunken ist.

Missachtet der Geschäftsführer diese Pflicht zur Einberufung einer notwendigen Gesellschafterversammlung, macht er sich der GmbH gegenüber schadensersatzpflichtig (§ 43 GmbHG).

Nach GmbH-Recht sind Gesellschafterversammlungen jedoch grundsätzlich als Präsenzveranstaltungen durchzuführen. Die Durchführung von Präsenzveranstaltungen ist in Zeiten der COVID-19-Krise aufgrund der geltenden Kontaktverbote derzeit allerdings kaum möglich.

Zwar sieht § 48 Abs. 2 GmbHG auch die Möglichkeit eine Abstimmung zu einem Beschlussgegenstand in Textform zu, jedoch ist das nur möglich, wenn sich zuvor alle Gesellschafter damit einverstanden erklärt haben oder dies in der Satzung so bereits vorgesehen ist. Ist eine Abstimmung in Textform in der Satzung nicht vorgesehen, kann jeder Gesellschafter Beschlussfassungen somit dadurch verhindern, dass er der Stimmabgabe in Textform widerspricht.

Dieses Vetorecht wird nunmehr durch das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27 März 2020 („Maßnahmengesetz“, BGBl. 2020 Teil I Nr. 14) aufgehoben, indem Art. 2 § 2 des Maßnahmengesetzes in Abweichung zu § 48 Abs. 2 GmbHG die Möglichkeit eröffnet, Beschlüsse in Textform auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter zu fassen.

Die Möglichkeit zur Abhaltung einer virtuellen Gesellschafterversammlung eröffnet das Maßnahmengesetz bei der GmbH jedoch nicht, anders als bei der Aktiengesellschaft (s. Art. 2 § 1 Abs. 2 des Maßnahmengesetzes).

Die Abhaltung einer virtuellen Gesellschafterversammlung ist jedoch immer dann möglich, wenn sich hiermit alle Gesellschafter einverstanden erklären. Die Weigerung eines Gesellschafters, eine notwendige Gesellschafterversammlung auf virtuellen Weg durchzuführen, könnte ferner eine Treuepflichtverletzung darstellen und daher unbeachtlich sein.

Der Geschäftsführer einer GmbH in der Unternehmenskrise hat somit unter Umständen die Pflicht, eine entsprechende Gesellschafterversammlung in virtueller Form vorzubereiten, auf der über das weitere Vorgehen beschlossen wird.

Hierzu hat er eine Tagesordnung zu erstellen, auf der alle vorgesehenen Beschlussgegenstände der Versammlung mitzuteilen sind.

Die entsprechenden Beschlussgegenstände könnten etwa lauten: Beschlussfassung über die Erstellung eines Sanierungskonzepts, Beschlussfassung über die Aufnahme bestimmter Darlehen oder aber auch Beschlussfassung über die Beseitigung einer eingetretenen Insolvenzreife.

Zur Gesellschafterversammlung sind ausnahmslos sämtliche Gesellschafter der GmbH unter der letzten der GmbH bekannten Adresse förmlich per Einschreiben zu laden. Die Ladungsfrist beträgt mindestens eine Woche (§ 51 Abs. 1 GmbHG). Die Ladungsfrist sollte aus Vorsichtsgründen großzügig bemessen sein, damit Beschlüsse nicht schon wegen Ladungsfehlern nichtig sind.

Wird eine Gesellschafterversammlung auf virtuellen Weg durchgeführt, muss sichergestellt sein, dass auch jeder Gesellschafter die tatsächliche Möglichkeit hat, sich in die virtuelle Gesellschafterversammlung einzuwählen .

Scheitert das Einwählen eines Gesellschafters in die Versammlung an technischen Problemen, kann es sein, dass Beschlüsse, die dann ohne die Anwesenheit dieses Gesellschafters gefasst werden, ähnlich wie bei Ladungsmängeln nichtig sind.

Im Zusammenhang mit der Durchführung von virtuellen Gesellschafterversammlungen einer GmbH beraten wir Sie gerne.

Sie haben ein Problem zu einem dieser Themen und benötigen Beratung?

Teilen Sie diesen Beitrag:
LinkedIn
XING
WhatsApp
Email
Facebook

Weitere Beiträge zu
"Wussten Sie schon?"

Das Gemeinschaftskonto im Haftungsrecht

Viele Eheleute verzichten nach Eheschließung auf Einzelkonten, sondern führen stattdessen ein Gemeinschaftskonto, bei dem beide alleine über die jeweiligen Kontoguthaben verfügen können (sog. Oder-Konto). Gläubiger eines

Weiter lesen ▸