Darf sich der Mehrheitsgesellschafter einer GmbH durch entsprechenden Beschluss z.B. seine Bezüge als Geschäftsführer selbst erhöhen oder sich vom Verbot des Selbskontrahierens nach § 181 BGB befreien?
Anders als bei der Personengesellschaft kann bei einer GmbH ein Gesellschafter zugleich Arbeitnehmer seiner eigenen Gesellschaft sein; ist er der bestellte Geschäftsführer, besteht im Regelfall ein Anstellungsverhältnis mit der GmbH, das u.a. die Bezüge für seine Tätigkeit als Vertretungsorgan der GmbH regelt.
Zuständig für den Abschluss eines solchen Geschäftsführer-Anstellungsvertrages ist auf Seiten der GmbH nicht etwa der Geschäftsführer selbst (in seiner Eigenschaft als gesetzliches Vertretungsorgan der GmbH), sondern die Gesellschafterversammlung. Das ergibt sich nicht aus dem Gesetz unmittelbar, sondern aus der Rechtsprechung, die aus der Kompetenz der Gesellschafterversammlung nach § 46 Ziff. 5 GmbHG für die Bestellung, Abberufung und Entlastung von Geschäftsführern eine daraus folgende ergänzende Kompetenz für den Abschluss von Geschäftsführer-Anstellungsverträgen sieht.
Für die Abstimmung in der Gesellschafterversammlung in eigenen Angelegenheiten gilt allerdings die Bestimmung des § 47 Abs. 4 GmbHG. Dort werden Stimmverbote eines Gesellschafters festgelegt für den Fall, dass er (1) durch eine Beschlussfassung entlastet oder (2) von einer Verbindlichkeit befreit werden soll, (3) ihm gegenüber ein Rechtsgeschäft vorgenommen oder (4) über die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreites gegen ihn beschlossen werden soll. Der Gesellschafter ist also in diesen Fällen an einer Beteiligung an der Beschlussfassung gesetzlich gehindert.
Nun könnte man meinen, dass ein Gesellschafter nicht über seine eigenen Bezüge abstimmen darf, weil es sich bei der entsprechenden Änderung des Anstellungsvertrages ja um ein Rechtsgeschäft handelt. Tatsächlich ist dies jedoch der Fall, denn der Bundesgerichtshof legt das Stimmverbot bei Rechtsgeschäften des Gesellschafters mit sich selbst nach § 47 Abs. 4 GmbHG aus bestimmten Gründen einschränkend aus und bezieht es im wesentlichen nur auf sogenannte „Drittgeschäfte“ ohne besonderen gesellschaftsrechtlichen Bezug. Auch Rechtsgeschäfte mit gesellschaftsrechtlichem Bezug schließen einen Gesellschafter grundsätzlich nur dann vom Stimmrecht aus, wenn es um Maßnahmen gegen den Gesellschafter aus wichtigem Grund geht (also z.B. die außerordentliche Kündigung eines Geschäftsführer-Anstellungsvertrages) und ein solcher wichtiger Grund auch tatsächlich vorliegt.
Unanwendbar ist die Vorschrift des § 47 Abs. 4 GmbHG übrigens generell auf die Einmann-GmbH, da ansonsten in den genannten Fällen die GmbH handlungsunfähig wäre.
Ein Verbot des Gesellschafters, über die eigenen Bezüge als Geschäftsführer abzustimmen, lässt sich ferner auch nicht aus der oft herangezogenen Vorschrift des § 181 BGB ableiten, da diese Vorschrift im Anwendungsbereich des § 47 Abs. 4 GmbHG von dieser Spezialregelung verdrängt wird.
Daraus folgt, dass ein Mehrheitsgesellschafter weder durch die Vorschrift des § 47 Abs. 4 GmbHG noch durch § 181 BGB daran gehindert ist, seine eigenen Bezüge im Wege der Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung zu erhöhen.
Zu Fragen rund um die Wirksamkeit von Stimmabgaben bei Beschlussfassungen in einer Gesellschafterversammlung beraten wir Sie gerne jederzeit.