Haftet der Erbe für alle Nachlassverbindlichkeiten nach Ablauf der Ausschlagungsfrist persönlich?
Im deutschen Erbrecht gehen mit dem Tod des Erblassers sowohl dessen Vermögen als auch dessen Verbindlichkeiten automatisch auf den oder die Erben über (§ 1922 Abs. 1 BGB).
Der Erbe hat allerdings die Möglichkeit, die Erbschaft auszuschlagen. In diesem Fall haftet er nicht für die Nachlassverbindlichkeiten. Die Ausschlagungsfrist beträgt jedoch nur 6 Wochen nach Kenntnis von der angefallenen Erbschaft (§ 1944 BGB).
Ist die Ausschlagungsfrist verstrichen, kann der Erbe aber immer noch seine Haftung für die Nachlassverbindlichkeiten auf den Nachlass beschränken, sodass Nachlassgläubiger nicht auf sein persönliches Vermögen zugreifen können.
Hierzu muss er nur beim zuständigen Nachlassgericht eine Nachlassverwaltung nach § 1975 BGB beantragen.
Die Nachlassverwaltung kann vom Erben jederzeit ohne weitere Voraussetzungen beantragt werden. Durch sie wird der Nachlass vom Eigenvermögen des Erben getrennt und quasi eine eigene „GmbH“.
Der Erbe kann sogar eine geeignete Person für das Amt des Nachlassverwalters vorschlagen. Voraussetzung für die Anordnung der Nachlassverwaltung durch das Nachlassgericht ist nur die Deckung der Verfahrenskosten. Diese Frage wird aber oftmals erst durch den Nachlassverwalter endgültig geklärt. Die Nachlassverwaltung wird in diesen Fällen gegen Einzahlung eines Kostenvorschusses angeordnet, dessen Höhe vom Nachlassgericht festgesetzt wird. Ein Kostenvorschuss in Höhe von € 4.000,00 sollte grundsätzlich ausreichend sein.
Der vom Nachlassgericht bestellte Nachlassverwalter ist bezüglich des Nachlasses ähnlich verfügungsbefugt wie ein Insolvenzverwalter (§ 1984 BGB). Für verschiedene Geschäfte benötigt er allerdings die Zustimmung des Nachlassgerichts. Der Nachlassverwalter inventarisiert das Nachlassvermögen und erstellt ein Verzeichnis der Nachlassgläubiger. Er verwaltet den Nachlass und sorgt für die Bezahlung der Nachlassverbindlichkeiten (§ 1985 BGB). Verbleibt nach Abwicklung der Nachlassverbindlichkeiten ein Nachlassrest, wird dieser an den Erben ausgekehrt. Stellt der Nachlassverwalter dagegen die Insolvenzreife des Nachlasses fest, stellt er für den Nachlass einen Insolvenzantrag. Der Erbe trägt somit hierfür keine Verantwortung mehr.
Die Nachlassverwaltung ist also ein relativ einfaches, aber (sogar bei den Nachlassgerichten) weitgehend unbekanntes Instrument, um sich zum einen der unbeschränkten Haftung für Nachlassverbindlichkeiten zu entledigen und zum anderen, um einen unübersichtlichen Nachlass abzuwickeln, ohne dass man selbst dafür verantwortlich ist.
Fragen rund um die Haftung des Erben und die Nachlassverwaltung beantworten wir gerne.